, 13.12.2017

Andri Silberschmidt, Fabian Molina und Benjamin Fischer

Andri Silberschmidt (links) und Benjamin Fischer (rechts) gehören zu den Gründern des Komitees gegen das neue Geldspielgesetz. (Bild: andisilberscmidt.ch)

2018 ändert sich einiges in der Schweiz. Diesen September hat die eidgenössische Regierung beschlossen, den nationalen Markt gegenüber ausländischen Online Anbietern abzuschotten. Zu diesem Zweck sollen Webseiten ausländischer Online Casinos und Poker Rooms gesperrt werden, was die selbstbestimmte Spieleauswahl von Schweizer Spielern stark einschränkt. Das neue Geldspielgesetz kann nur verhindert werden, wenn bis Mitte Januar 2018 mindestens 50.000 Unterschriften gesammelt werden, die dann eine Volksabstimmung ermöglichen. Noch bis zum 18. Januar 2018 sammeln Jugendorganisationen mehrerer großer Schweizer Parteien auf der Webseite wecollect.ch Unterschriften gegen eine Rückkehr der Zensurkultur in der Schweiz.

 

Das kontroverse Geldspielgesetz soll das Monopol Schweizer Unternehmen untermauern und unerwünschte Konkurrenz aus dem Ausland fernhalten. Kritiker sehen in dem protektionistischen Vorstoß einen Sieg der Casino-Lobby zum Nachteil aller anderen Marktteilnehmer und Spieler sowie eine neue Form der Zensur. Befürchtungen einer Ausweitung des Anwendungsbereichs auf andere Geschäftszweige wie Online Versandhäuser, Online Buchungsportale und vieles mehr wurden ebenfalls bereits geäußert. Mit den Netzsperren stehen fundamentalte Werte wie Selbstbestimmung und Informationsfreiheit auf dem Spiel.

 

Zum Zweck der Unterschriftensammlung und dem Anstoß der Volksabstimmung wurde eigens das „Komitee gegen Internet-Zensur und digitale Abschottung“, bestehend aus Vertretern verschiedener Schweizer Jungendparteien, gegründet.

 

Internet-Zensur zu Lasten des Spielers

Anaïs Grandjean von den jungen Grünliberalen

Gegen Netzsperren: Anaïs Grandjeanvon den jungen Grünliberalen (Bild: jungegrunliberale.ch)

Von vielen als Rückschritt betrachtet, fördert das Schweizer Geldspielgesetz einen abgeschotteten Markt, der nur noch ausgewählten nationalen Unternehmen eine Chance bietet, ihre Dienstleistungen und Produkte im Bereich Online Casinos und Online Poker im Internet anzubieten. Ursprünglich war das Geldspielgesetz 2012 als Vereinheitlichung der Gesetzgebung und für einen besseren Spielerschutz angestrebt worden. So sollten Geldwäsche und Manipulation verhindert werden. Nun ist die Politik über ihr Ziel hinausgeschossen.

 

Sollte das Gesetz 2018 in Kraft treten, dann müssten sich alle ausländischen Online Casinos aus dem Schweizer Markt zurückziehen. Nur landbasierte Casinos mit Sitz in der Schweiz unter Schweizer Eigentümerschaft dürften dann noch Online Glücksspiel anbieten. Gleichzeitig würde damit das Angebot für Schweizer Spieler stark eingeschränkt. Entscheidender Faktor ist, dass Online Casinos in der Schweiz seit Jahren legal sind. Es gibt also rechtlich gesehen bisher keinen Grund, Webseiten von Online Casinos zu blockieren, da sie keine unerlaubten Inhalte zeigen.

 

Nein zu Netzsperren

Das Komitee kritisiert auf seiner Webseite insgesamt fünf Hauptpunkte bzw. präsentiert Argumente gegen das Gesetz. Dabei handelt es sich um:

  • Bevormundung
  • Digitale Abschottung
  • Protektionismus
  • Casinomonopol

Neben diesen vier Punkten ist das Thema Netzsperren das Hauptanliegen der jungen Leute. Auf der Webseite des Komitees heißt es dazu:

„Ein freies Internet gehört zu einer freien Welt. Die Schweiz profitiert als international vernetzte, hoch entwickelte Volkswirtschaft in besonderem Maß von einem frei zugänglichen Internet. Netzsperren stellen einen schweren Eingriff in die Wirtschafts- und Informationsfreiheit dar. Sie beschränken den Zugang zu Daten und Informationen, schaden dem Wirtschafts- und Forschungsstandort Schweiz und gefährden den Kampf gegen die Internetkriminalität.“

Zudem seien Netzsperren einfach zu umgehen und verfehlten so ihren eigentlichen Zweck, heißt es seitens des Komitees. Ein weiterer unschöner Nebeneffekt sei die Sperre unbeteiligter Drittseiten, die fälschlicherweise einer Blockade zum Opfer fielen, weil das System sie falsch einordne.

 

Nächster Schritt: Wettbewerbsverzerrung, Bevormundung und De-Digitalisierung

Jahrhunderte lang haben Menschen für Grundrechte wie Presse- und Meinungsfreiheit gekämpft. In jüngerer Vergangenheit kommt auch der Informations- und Wirtschaftsfreiheit ein immer größerer Stellenwert zu. Die Dienstleistungsfreiheit ist ebenfalls ein wichtiger Punkt in diesem Katalog und beispielsweise im EU-Recht festgeschrieben. Neben diesen grundlegenden Freiheitsrechten und persönlicher Selbstbestimmung steht mit dem Gelspielgesetz auch die eigentlich angestrebte Digitalisierung des Landes auf dem Spiel. In einer globalisierten Welt den Binnenmarkt abzuschotten wird von vielen als krasse Bevormundung und Benachteiligung betrachtet, die auf lange Sicht zu Lasten der gesamten Wirtschaftskraft des Landes geht. Die Parteien sagen dazu:

„Das Geldspielgesetz wirft unser Land in Sachen Digitalisierung um Jahre zurück und schränkt unsere Wettbewerbsfähigkeit ein.“

Mit Volksabstimmung und Referendum für ein freies Internet

Logo und Banner der wecollect Bewegung in der Schweiz

Das Komitee muss 50.000 Unterschriften sammeln. (Bild: wecollect.ch)

Mit einem Referendum wollen Gegner des Geldspielgesetzes dieses doch noch abwenden. Zu diesem Zweck haben sich die Jugendorganisationen der großen Schweizer Parteien zusammengeschlossen und rufen unter internet-zensur-nein.ch und wecollect.ch zum Stopp des Gesetzesvorhabens auf. Stattdessen fordern sie eine Integration, Regulation und Besteuerung ausländischer Wirtschaftsteilnehmer zum Vorteil aller.

 

Bei den Jung-Politikern handelt es sich um Mitglieder von SVP, FDP, GLP und den Grünen.
Diese fürchten bei einem Inkrafttreten des neuen Gesetzes um die
digitale Selbstbestimmung der Schweizer und weitere Restriktionen für
internetbasierte Unternehmen, die Schweizer Firmen ein Dorn im Auge sind. Namentlich genannt werden in diesem Zusammenhang beispielsweise Netflix und Zalando.

 

Geleitet wird das Komitee gegen Internet-Zensur und digitale Abschottung von Andri Silberschmidt, Präsident der jungfreisinnigen Schweiz, Anaïs Grandjean, Co-Präsidentin der jungen grünliberalen Partei der Schweiz, und Benjamin Fischer, Präsident Jungen Schweizerischen Volkspartei. Unternehmen und Glücksspielanbieter wie PokerStars, bwin, GVC und interwetten unterstützen die jungen Leute in ihrem Vorhaben. Weiterführende Informationen finden Interessierte auf den beiden Webseiten wecollect.ch und internet-zensur-nein.ch.

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