, 12.04.2017

Das Bild zeigt den Ersten Senat des BVerfG.

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts halten den deutschen Glücksspieländerungsstaatsvertrag für gesetzeskonform. (Bildquelle)

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat mit Entscheidung vom 07. April 2017 vier Verfassungsbeschwerden gegen den Glücksspieländerungsstaatsvertrag von 2012 abgelehnt. Dieser sei im Einklang mit dem Grundgesetz. Vier Spielhallenbetreiberinnen aus Berlin, Bayern und dem Saarland hatten eine Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Vertrages und seiner landesrechtlichen Einschränkungen für die Genehmigung und den Betrieb von Spielhallen verlangt. Hauptkritikpunkt war die vermeintliche Verletzung der Berufsfreiheit gemäß Artikel 12 des Grundgesetzes sowie der Gleichheitsgrundsätze aus Artikel 3. In ihrem Urteil befanden die Richter sowohl Verbundverbot, als auch Abstandsregelungen, Höchstzahlen, Aufsichtserfordernis und Übergangsregelungen für verfassungsgemäß.

 

Kleine Geschichte des deutschen Spielhallenrechts

Tatsache ist, dass die Gesetzgebungskompetenz bezüglich des Spielhallenrechts im Rahmen der Föderalismusreform seit 2006 bei den Ländern liegt. Der 2008 von den Ländern beschlossene Glücksspielstaatsvertrag verfügte in seiner Ursprungsfassung über keine Regelung speziell für Spielhallen, sodass in dieser Hinsicht weiter Bundesrecht galt. Nach einem Anstieg des Spielaufkommens und darauf folgenden Untersuchungen zum Gefahrenpotenzial von Automatenspielen einigten sich die Bundesländer 2012 auf den ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag. Dieser enthält die aktuellen verschärften Bedingungen zur Genehmigung und zum Betrieb von Spielhallen. Die wichtigsten Neuerungen infolgedessen waren:

 

  • Das Verbundverbot. Nach dieser Vorschrift dürfen einzelne Spielhallen nicht mehr im selben Gebäude oder Gebäudekomplex ansässig sein.
  • Das Abstandsgebot. Die Länder legen die Mindestabstandsregelung individuell fest und können Betreibern die gewerberechtliche Erlaubnis verweigern oder entziehen, befinden sich Lokalitäten nicht weit genug voneinander oder beispielweise von Jugendeinrichtungen entfernt.
  • Die Übergangsregelungen. Schutzvorschriften und Einzel- oder Härtefallregelungen für Bestandsspielhallen wurden ebenfalls in die Verantwortlichkeit der Länder abgegeben.

 

Das Verbot von Spielhallen im Umkreis von Kinder- und Jugendeinrichtungen ist auch Teil des Berliner Spielhallengesetzes. Außerdem legt es eine Mengenbegrenzung auf acht Geräte pro Spielhalle fest und verlangt die ständige Anwesenheit einer Aufsichtsperson vor Ort. Diese landesrechtlichen Verfügungen sind maßgebliche Entscheidungsgrundlage für das Bundesverfassungsgericht.

 

Das sind die Gründe für die Zurückweisung

Das Bild zeigt das Gebäude des BVerfG.

Das Bundesverfassungsgericht steht im baden-württembergischen Karlsruhe. (Bildquelle)

Der Erste Senat erklärte, dass die Beschwerden zum Teil bereits an der Zulässigkeit scheiterten. Dieser Prüfungsschritt geht der inhaltlichen Prüfung der Begründetheit voraus. In Rahmen der zulässigkeitsrelevanten Beschwerdebefugnis müssen die Beschwerdeführerinnen hinreichend darlegen, dass sie von den beanstandeten Bestimmungen gegenwärtig und unmittelbar betroffen sind. Auch der Subsidiaritätsgrundsatz, sprich die Inanspruchnahme untergeordneter Instanzen oder alternativer Wege, sei mitunter missachtet worden. Die für zulässig befundenen Verfassungsbeschwerden scheiterten im weiteren Verlauf der Prüfung an der Begründetheit. Eine nicht gegebene Begründetheit bedeutet im Umkehrschluss die Verfassungsmäßigkeit der gerügten Regelungen.

 

Glücksspielstaatsvertrag verletzt zwar Grundrechte, dies aber mit Rechtfertigung

Das Bundesverfassungsgericht stellte in der Begründetheitsprüfung zunächst die ausschließliche Zuständigkeit der Länder im Bereich des Spielhallenrechts fest. Zweite wichtige Erkenntnis ist die Tatsache, dass Verbundverbot und Abstandsregelungen der Länder zwar nachweislich gegen die Grundrechte auf freie Berufsausübung und den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, dies aber  mit verfassungsrechtlicher Legitimation. Das bedeutet, dass die Grundrechte der Betreiberinnen zwar eingeschränkt werden, die damit verfolgten Ziele der Bekämpfung und Eindämmung von Spiel- und Wettsucht diesen Eingriff allerdings rechtfertigen. Die Maßnahmen seien auch verhältnismäßig, was bedeutet, dass sie ein geeignetes Mittel darstellen, um den legitimen Zweck des Gemeinwohls zu erreichen und dass es keine milderen, aber gleich effektiven Mittel gibt. Dadurch wird die Maßnahme auch dem Grundsatz der Erforderlichkeit gerecht. Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts heißt es dazu beispielsweise:

„Das Zutrittsverbot für Minderjährige hat nicht die gleiche Wirksamkeit wie das Abstandsgebot zu Kinder- und Jugendeinrichtungen, da es den Werbe- und Gewöhnungseffekt nicht gleichermaßen verringert.“

Schließlich sah das Bundesverfassungsgericht auch die Angemessenheit im Rahmen der Verhältnismäßigkeit für erfüllt an. Somit würden die Beschwerdeführerinnen in der Gesamtschau nicht unzumutbar belastet.

 

Auch Gerätehöchstzahl und Aufsichtserfordernis gerechtfertigt

Die oben bereits angesprochenen landesrechtlichen Verfügungen zu Gerätehöchstzahlen und der ständigen Anwesenheit einer Aufsichtsperson wurden vom Bundesverfassungsgericht genau wie Verbundverbot und Abstandsgebot als verfassungsmäßig eingestuft. Auch hier überwiege das enorm bedeutsame Gemeinwohlziel der Spielsuchtprävention. Einwände hinsichtlich der Rentabilität für Betreiber wurden mit dem folgenden Wortlaut abgetan:

„Zwar liegt nahe, dass sich die Reduzierung der Höchstzahl der Geldspielgeräte negativ auf die Rentabilität von Spielhallen auswirkt. Eine bestimmte Rentabilität gewährleistet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz jedoch nicht.“

Gleichheitsgrundsatz und Übergangsregelungen ebenfalls nicht zu beanstanden

Die kritisierte Ungleichbehandlung von Spielhallenbetreibern im Vergleich zu Gastronomen und Spielbanken erkannte das Gericht zwar an, sah jedoch erneut eine Rechtfertigung für diese Tatsache, wie diese Begründung zeigt:

„Diese Ungleichbehandlung ist jedoch gerechtfertigt. Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung liegt in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential und in der unterschiedlichen Verfügbarkeit der Spielmöglichkeiten.“

Schließlich erklärte das Gericht auch die fünfjährige Übergangsregelung zum Bestandsschutz für Spielhallen von 2012 bis zu diesem Sommer für verfassungskonform. Im Urteil heißt es wie folgt:

„Die Belange der Spielhallenbetreiber sind mit der Einräumung einer fünfjährigen Übergangsfrist genügend berücksichtigt, zumal die Länder die Möglichkeit von Härtefallbefreiungen im Einzelfall geschaffen haben.“

Das Bundesverfassungsgericht ist die höchste Instanz der deutschen Gerichtsbarkeit. Seine Entscheidungen hinsichtlich eingereichter Verfassungsbeschwerden haben maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Rechtslandschaft.

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